Topiramat – ein Erfahrungsbericht von Lina

Meine Migräne ist ein mieser Verräter

Ich bin 20 Jahre alt, Studentin in Potsdam und habe solange ich denken kann Kopfschmerzen. Umso älter ich wurde, umso schlimmer und häufiger wurden sie. Bei mir handelt es sich um Migräne mit und ohne Aura sowie chronische Spannungskopfschmerzen. Die Aura lebt sich verschieden aus. Manchmal Sehstörungen, teils Missempfindungen, Heisshungerattacken und das Alice im Wunderland Syndrom. Auslöser sind vor allem Stress und jegliche Unregelmäßigkeiten.

Im November 2014 habe ich angefangen Topiramat zu nehmen. Damals hatte ich eine Frequenz von 10 Migräneanfällen im Monat und war verzweifelt. Jeden Tag die abklingenden oder wieder aufkommenden Schmerzen haben mir alle Lebensqualität geraubt. Folglich habe ich mich entschieden, einer medikamentösen Prophylaxe noch eine Chance zu geben. Zuvor habe ich es bereits mit dem Antidepressiva Amytriptylin versucht und bin kläglich gescheitert. Deswegen habe ich mich auch in den folgenden Jahren gegen jegliche medikamentöse Prophylaxe gewehrt. Stattdessen wurde alles ausprobiert, was möglich war. Osteopathie, Physiotherapie, Sport, Ernährung, Bio Feedback, Craniosakral Therapie, Akupunktur, Magnesium, Pestwurz, vergebens. Also erneuter Versuch mit dem Topiramat in Form von Topamax.

In den ersten Wochen ging es mir besser, viel besser! Meine Migräne-Frequenz, als auch die Schmerzstärke haben sich drastisch gesenkt. Allerdings hatte ich auch sehr stark mit den Nebenwirkungen zu kämpfen. Zunächst ging es harmlos los, mit leichten Missempfindungen in den Fingern. Diese steigerten sich rasch, so dass ich in der Eingewöhnungsphase täglich mehrere Stunden eingeschlafene Hände und Füße hatte. Diese Nebenwirkung hat allerdings nachgelassen, umso länger ich es nahm.

Die weitaus schlimmere Nebenwirkung war der Verlust des Hunger Gefühls. Bei einer Größe von 1.79 wog ich ursprünglich 62kg. Nach 4 Monaten Topiramat zeigte die Waage – völlig überraschend nur noch 54 kg an. Ich selbst habe dies jedoch überhaupt nicht wahrgenommen. Mein Körper hat einfach kein Hungergefühl zugelassen und ich war so beschäftigt mich in meiner neuen Arbeit zurecht zufinden, dass das Essen einfach vergessen wurde. Zudem nahmen zu dieser Zeit die zunächst geblockten Kopfschmerzen wieder zu.
Bei meinem Neurologen erzählte ich von dem Gewichtsverlust woraufhin er die Topiramat sofort absetzte.

Trotzdem halten sich meine Kopfschmerzen seit dem auf einem erträglichen Niveau. Zwar habe ich jeden Tag meine kleinen Kopfschmerzen, auf der Skala zwischen 1-4, allerdings kommen die großen Kopfschmerzen angenehm wenige 3-4x im Monat zu Besuch und sind dabei längst nicht mehr so stark und unerträglich.

Hat das Topiramat also geholfen? Bedingt. Eine Nebenwirkung des Topiramats ist, dass sie die Pille unwirksam macht, woraufhin ich diese abgesetzt habe. Seit diese weg ist, geht es mir insgesamt besser. Obwohl meine Frauenärztin mir versichert hat, das diese Pille bestens geeignet ist für Migräniker, hatte ich von Anfang an Zweifel.
Letztendlich bin ich froh das Topiramat probiert zu haben, immerhin hat es mir das Hormongift vom Körper abgezogen und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Insgesamt habe ich das Topiramat ein halbes Jahr genommen.

Nachdem ich es abgesetzt habe, sind mir meine Haare büschelweise ausgefallen. Ein kleiner Abschiedsgruß vom Topamax. Mittlerweile sind die Haare dabei nachzuwachsen und stehen kreuz und quer zwischen den verbliebenen Haaren nach oben. Aber das zeigt nur, mein Körper regeneriert sich.

Migräne und Kopfschmerzen haben nicht gewonnen, der Kampf geht weiter.

Viele Grüße und einen kopfschmerzfreien Tag

Lina

 

4 Antworten zu “Topiramat – ein Erfahrungsbericht von Lina

  1. Tina Februar 9, 2016 um 13:13

    Hallo Lina

    interessanter Bericht. Aber ich leide auch stark unter Migräne. Aber man glaubt es kaum. Ich habe dieses englische Buch von Dr. Buchholz gelesen. Headache. Zusätzlich nehme ich die Vitamin Bombe Migravent. Und versuche viel sport zu machen. Aber am aller aller wichtigsten ist die strikte und zugebenermaßen herausfordernde Migräne Diät. Aber es lohnt sich!!! Probiere es unbedingt aus. Denn da wird die Prophylaxe als allerletzter Ausweg genannt.
    Meine Attacken sind seitdem Mini mini geworden und ich behandel sie seitdem mit 400 mg Ibuprofen. Was vorher nie gewirkt hätte

  2. Rosa April 14, 2016 um 07:06

    Hallo Lina
    Vielen Dank für deine Erfahrungsbericht, er ist sehr wertvoll.
    Ich nehme seit wieder mehr als einem Jahr Topiramat.. und es geht mir ein wenig besser… ich habe weniger Migräne… habe einige Kilo’s abgenommen was mich positiv stimmt.. aber starke Kopfschmerzen habe ich noch immer.. ich bin aber mittlerweile soweit… das ist aber ein persönliches Gefühl von mir, aber ich weiss nicht ob dies stimmig ist, dass dies ein anderes Kopfweh/Migräne ist und zwar ein unverträglichkeits-Migräne und zwar auf Laktose und Gluten.. seit ich auf diese Lebensmittel verzichte geht es mir ein wenig besser…
    Was mich zudem aber sehr plagt sind die enorm starken Konzentrationsschwierigkeiten und das ich alles vergesse was ich je mal gewusst habe, sogar das Kurzzeitgedächtnis ist sehr stark betroffen und das macht mich fast wahnsinnig..

  3. Emmi Juni 16, 2019 um 05:15

    Ich hab Topiramat überhaupt nicht vertragen. Ich hab 10 Jahre Metoprolol genommen und wollte etwas anderes probieren, weil es mir nicht mehr geholfen hat. (Nebenbei war das auch die beste Entscheidung das Abzusetzen, weil ich meinen Körper jetzt wieder viel authentischer erlebe, auch mein Wesen ist nicht mehr gedämpft… 100mg sind definitiv zu viel für so ein zartes Persönchen (1,66m/49kg) mit ohnehin niedrigem Blutdruck, aber das ist ein anderes Thema). Bei dem Versuch Topiramat einzuschleichen (von der Neurologin vorgeschlagen) hatte ich die schlimmsten Tage überhaupt, als ich auf 50mg Topiramat war (werden sollen hätten es am Ende 100mg)… Erst Kribbeln in den Fingerspitzen und Fersen (so wie wenn eingeschlafene Hände wieder wach werden, aber dies eben 20min lang) und dann kam der große Hammer, 3 ganze Tage lang ein knallroter, glühender Kopf (wie schlimmstes Fieber (und ich hatte kein Fieber… Zentrales Nervensystem lässt grüßen) und parallel Schlaflosigkeit, Herzrasen, Erbrechen (ich konnte 24 Stunden nicht mal Wasser bei mir behalten)… Ich war einfach komplett ausgeknockt… Ohne Essen, ohne Trinken, ohne Schlaf, mit glühendem Kopf, rasendem Herzen völlig erschöpft….. Nie wieder!!!

    • Violetta Juni 29, 2019 um 15:47

      Dieses Gefühl, sich nicht mehr authentisch zu fühlen kenne ich gut und wahrscheinlich viele andere auch, die starke Medikamente nehmen müssen. Ich war auch froh als ich die Betablocker abgesetzt hatte. Deine Nebenwirkungen zu Topiramat kann man ja schon gar nicht mehr Nebenwirkungen nennen. Mir geht es nach Aimovig auch so: nie wieder.

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